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Schupelius-Kolumne

Justizsenator möchte das Leben in der Haft dem Leben in Freiheit angleichen

Schwere Tage: Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (46)
Holt die Berlinale in die JVA Tegel: Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) Foto: Guenther

Dirk Behrendt sorgt für einen exklusiven Berlinale-Abend in der JVA Tegel und schießt damit weit über das Ziel hinaus, meint Gunnar Schupelius.

Zur diesjährigen Berlinale wird erstmals eine exklusive Filmvorführung für Häftlinge in einem Gefängnis gegeben.

In der JVA Tegel soll am 23. Februar der Film „Das schweigende Klassenzimmer“ gezeigt werden, der in Berlin Weltpremiere feiert und ab dem 1. März in den Kinos zu sehen ist.

Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sorgte persönlich für den Berlinale-Abend in Tegel. Er dankte dem Intendanten des Festivals, Dieter Kosslick, dass „das größte Publikumsfestival der Welt“ auch „vor Gefängnismauern“ nicht haltmache und fügte hinzu: „So können wir das Leben in Haft dem Leben in Freiheit ein Stück weiter angleichen.“

Dieser Satz gibt zu denken. Hier erkennen wir, dass es Behrendt nicht um ein paar Stunden angenehmer Unterhaltung im Gefängnis geht, sondern um mehr.

Darum, dass die Insassen auf die Teilnahme am normalen Leben möglichst gar nicht verzichten müssen, dass sie sogar die Höhepunkte der gesellschaftlichen Ereignisse miterleben können wie jeder andere Mensch in Freiheit auch.

Wenn wir aber das Leben in der Haft dem Leben in Freiheit angleichen, wie der Justizsenator es ankündigt, wie weit soll das dann gehen? Wo bleibt dann die Strafe?

In der Haft sitzen viele kleine Fische, aber auch schwere Jungs und furchtbare Mörder. Sie verbüßen ihre Strafe. Am Ende der Zeit werden sie vorsichtig wieder mit dem Leben außerhalb vertraut gemacht. Diesen Versuch nennt man Resozialisierung, der oft übertrieben wird, aber im Grunde sinnvoll ist.

Vor der Resozialisierung leben die Gefangenen auch nicht im Kerker und an Ketten, sondern haben die Möglichkeit zu arbeiten, eine Ausbildung oder ein Fernstudium zu absolvieren, begrenzt das Internet zu nutzen und viel Sport zu treiben. Das ist, wenn man so will, auch schon eine gewisse Angleichung an das Leben in Freiheit.

Weiter darf diese Angleichung nicht gehen. Die Strafe dient der Sühne, der Vergeltung und der Abschreckung. Dafür muss sie gewisse Härten aufweisen. Deshalb ist man eingesperrt und vom normalen Leben ausgeschlossen. Wenn man immer mehr Freigang und sogar noch prominente Abende serviert bekommt, ist das Gefängnis keine Strafe, sondern eine Herberge mit Vollpension.

Mit dem Berlinale-Auftritt schießt der Justizsenator weit über das Ziel hinaus Und er privilegiert die Strafgefangenen sogar noch: Sie sehen die exklusive Vorführung gartis, dazu gibt’s ein Gespräch mit dem Regisseur des Films, Lars Kraume, der am 23. Februar im „Kultursaal“ der JVA Tegel zur Verfügung stehen wird.

Um einen solchen Abend zu erleben, müssen unbescholtene Bürger, die nicht im Gefängnis sitzen, ganz schön viel Geld zahlen und für die Eintrittskarte bei der Berlinale sogar noch Schlange stehen.

Und auch die Opfer der Verbrecher, die sich den Film im Gefängnis ansehen dürfen, bekommen von Dirk Behrendt und Dieter Kosslick übrigens keinen exklusiven Abend spendiert.

Mehr von Gunnar Schupelius finden Sie hier.

Themen: Asylbewerber Dirk Behrendt Gunnar Schupelius JVA Tegel
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