Berlin . Die CDU-Fraktion ließ den grünen Justizsenator herbeizitieren. Der musste sich erst durch den Verkehr kämpfen.

Kommt er oder kommt er nicht? Nachdem sich der Senat zwei Tage lang über die An- und Abwesenheit von Senatoren gestritten hat, rückte am Donnerstagmorgen Justizsenator Dirk Behrendt in das Zentrum des Interesses. Und er kam nicht. Damit provozierte er das Parlament erneut, nachdem er bereits zwei Tage zuvor den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit einem Alleingang düpiert hatte.

Parlamentspräsident Ralf Wieland unterbrach daraufhin die Sitzung des Abgeordnetenhauses und forderte den Senat auf, Behrendt herbeizuschaffen. In der Opposition löste Behrendts Abwesenheit Empörung aus. Er verhalte sich wie ein „pubertierender Schulschwänzer“, kritisierte CDU-Fraktionschef Burkard Dregger. Selbst in den eigenen Reihen löste das Verhalten des grünen Justizsenators Kopfschütteln aus.

Um 10.30 Uhr traf der Justizminister dann doch noch ein. Die Sitzung konnte wie geplant stattfinden. Später bedauerte Behrendt sein zwischenzeitliches Fernbleiben. „Ich möchte mich entschuldigen, es tut mir leid, dass wichtige Debatten verspätet stattfinden mussten“, sagte Behrendt im Plenum. „Ich gelobe für die Zukunft Besserung.“ Er habe auf dem Rückweg von der Justizministerkonferenz in Travemünde im Stau gestanden.

Streit darüber, wer wegbleiben darf

Der Eklat im Abgeordnetenhaus hatte einen zweitägigen Vorlauf. Zunächst wollten gleich vier Senatsmitglieder der Sitzung am Donnerstag fernbleiben, weil sie zu den gleichzeitig stattfindenden Fachministerkonferenzen fahren wollten. Doch das lehnte das Parlament ab. In der Folge eskalierte der Streit darüber, wer fahren darf und wer nicht.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte zunächst nur die drei SPD-Regierungsmitglieder reisen lassen, dagegen wehrte sich Behrendt. Er habe das gleiche Recht auf die Konferenz der Fachminister zu fahren wie die SPD-Senatoren. Er umging den Regierenden Bürgermeister und wollte sich selbst beim Parlamentspräsidenten entschuldigen. Doch der ignorierte das schreiben, weil Behrendt nicht den ordentlichen Geschäftsgang einhielt.

Behrendts Fernbleiben „hochgradig ärgerlich“

Schließlich einigte man sich darauf, dass Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) an den Konferenzen der Fachminister teilnehmen dürfen, Behrendt und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nicht.

Nach dem Streit der vergangenen Tage war Behrendts eigene Fraktion über die Verspätung des Justizsenators – und den neuerlichen Affront gegen das Parlament - verärgert. „Auch wenn als Grund für das Zuspätkommen ein Verkehrsstau angegeben wird, ist dies hochgradig ärgerlich und hätte nicht passieren dürfen“, sagte Fraktionschefin Antje Kapek. „Die Teilnahme an der Plenarsitzung ist eine Pflichtveranstaltung für alle Senatoren.“

Scharfe Kritik kam von CDU-Fraktionschef Burkard Dregger: „Dies ist ein Affront gegen das Parlament. Ein unerhörter, beschämender Vorgang. „Regeln und Anstand gelten auch für Grüne, selbst wenn sie mit solchen Werten erkennbar fremdeln.“

Am meisten fehlt Michael Müller

Immer wieder bleiben Senatsmitglieder den Sitzungen des Abgeordnetenhauses fern, weil wichtige Termine dagegen sprechen. Die Senatoren müssen ihr Fehlen beim Regierenden Bürgermeister beantragen, der dann um eine Erlaubnis dafür beim Parlamentspräsidenten bittet. Gleichzeitig dürfen nicht zu viele Senatoren fehlen, weil dann das Parlament seiner Kontrollfunktion nicht ausreichend nachkommen kann.

Spitzenreiter beim Fehlen ist derzeit der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) selbst. Er verpasste bislang sieben Sitzungen, weil die Treffen der Ministerpräsidenten immer einen Tag vor dem Bundesrat donnerstags stattfinden. Dahinter folgen Justizsenator Behrendt, Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke), die jeweils sechs Mal fehlten. Es folgen Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD, 5), Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD, 4) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne, 2). Die übrigen Senatoren blieben bislang nur einmal den Sitzungen des Abgeordnetenhauses fern.

Koalitionsstreit vor den Augen der Opposition

Der Streit ist für die rot-rot-grüne Landesregierung umso peinlicher, weil er praktisch vor den Augen der Opposition ausgetragen wurde. Zunächst stritten die Regierungsfraktionen im Ältestenrat, in dem alle Parteien vertreten sind, danach in der Runde der Geschäftsführer. Kurz vor dem Plenum am Donnerstag waren die Fraktionsgeschäftsführer dann um eine Schlichtung bemüht. Da es wichtig sei, dass Berlin beim Treffen der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin vertreten sein soll, genehmigten sie Michael Müller die Fahrt zur Konferenz. Außerdem entschuldigten sie Gesundheitssenatorin Kaylici, da sie in diesem Jahr an noch keinem Treffen der Ministerkollegen teilgenommen hat.