Berlin. Die Autofahrer sollen an Supermärkten auch nachts parken können. Die Betreiber haben jedoch rechtliche Bedenken.

Wohin mit dem Auto? Das fragen sich viele Berliner jeden Abend entnervt, wenn sie nach Hause kommen und wieder partout kein Plätzchen zu finden ist. Nach langem Herumgekurve durch den Kiez bleibt oft nur die Ecke an der Straßenkreuzung, natürlich im Halteverbot. Auf die Dauer geht das ans Geld – und verärgert die zu Fuß gehende Nachbarschaft und die Radfahrer.

Dabei herrscht jede Nacht auf den Parkplätzen vor den großen Supermärkten große Leere. Ein Paradies für Parkplatz suchende Autofahrer, das ihnen allerdings bislang verwehrt ist. Immer mehr Politiker fordern daher inzwischen: Gebt diese Parkplätze nachts für Anwohner frei!

Mehr als 1100 Supermärkte gibt es in Berlin. Angesichts von durchschnittlich 50 Parkplätzen pro Standort wäre damit mehreren Zehntausend Berliner Autofahrern geholfen. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Stefan Evers, forderte am Dienstag den rot-rot-grünen Senat zum Handeln auf.

„Wir können uns so viele leer stehende Parkplätze nachts in Berlin nicht mehr leisten. Das ist Flächenverschwendung pur.“ Der Politiker verlangte: „Der rot-rot-grüne Senat muss endlich die Initiative ergreifen und mit den Supermarktbetreibern über ein entsprechendes Konzept verhandeln.“ Es gebe Signale von Ketten, dass man für solche Gespräche offen sei, so Evers.

CDU stellt Antrag im Abgeordnetenhaus

Die CDU-Fraktion hat bereits im November dazu einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Darin schlägt sie vor, Parkvignetten für Anwohner für diese Parkplätze einzuführen. Damit die Betreiber mitmachen, sollten ihnen „angemessene Kompensationszahlungen“ angeboten werden. Dieser Antrag wurde in die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Der Verkehrsexperte der CDU, Oliver Friederici, kündigte jetzt an: „Wir werden in einer der nächsten Sitzungen das Thema im Verkehrsauschuss behandeln.“

Auch Politiker der mitregierenden SPD und Linken und der oppositionellen FDP wollen die Platzressourcenverschwendung beenden. Iris Spranger, Sprecherin der SPD-Fraktion für Bauen, Wohnen und Mieten, betonte: „Ich kann mir das sehr gut vorstellen.“ Geplant sei ja, dass künftig Supermärkte mit Wohnungen überbaut werden, allein in diesem Zusammenhang würden Parkplätze gebraucht, so Spranger.

Die Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Ülker Radziwill (SPD), ist ebenfalls dafür. „Es geht darum, die Anwohner zu entlasten und auch die Luftverschmutzung zu verringern.“ Denn laut Verkehrsverwaltung macht der „Parksuchverkehr“ in manchen Vierteln bis zu 30 Prozent aller fahrenden Autos aus. Sie verweist aber auch auf rechtliche Hürden. „Alles, was Sinn macht, ist nicht immer rechtlich durchsetzbar.“

„Das ist eine Autoanbiederungspolitik“

Die SPD-Politikerin hat einen Vorstoß in ihrem Bezirk unterstützt. Dort beauftragte die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf vor einem Jahr das Bezirksamt, ein solches Modell mit Supermarktbetreibern auszuloten und dann zu testen: So sollte das Parken nachts auf dem Lidl-Supermarkt in der Gervinusstraße 30, am Netto-Supermarkt in der Heilbronner Straße 19 sowie vor dem Aldi-Markt in der Heilbronner Straße 26A erlaubt sein. Der Antrag blieb erfolglos.

Stadtrat Arne Herz (CDU) teilte mit, die Betreiber sähen rechtliche Probleme. Felix M. Recke von der FDP-Fraktion, der den Antrag initiiert hatte, kündigte nun an: „Wir werden nicht lockerlassen.“ Die FDP erwäge, nun selbst die Supermarktbetreiber an einen Tisch zu holen.

Ein Sprecher der von Regine Günther (parteilos, für Grüne) geführten Verkehrs- und Umweltsenatsverwaltung sagte am Dienstag: „Es gibt dazu von uns noch keine abschließende Bewertung.“ Die Nutzung solcher Flächen fürs nächtliche Parken hinge auch von Eigentumsrechten und Haftungsfragen ab: Wer bezahlt bei Schäden? Was passiert, wenn die Autos morgens nicht weg sind? Der Grünen-Abgeordnete Harald Moritz hat deutlich gemacht: „Die Bereitstellung von Parkplätzen ist keine öffentliche Aufgabe.“

Auch Fahrrad-Aktivist Heinrich Strößenreuther ist strikt dagegen, dass die öffentliche Hand solche Parkplätze für die Anwohner mit Steuergeld finanziert. „Das ist eine völlig antiquierte Haltung“, sagte er der Berliner Morgenpost. „Eine Autoanbiederungspolitik.“ Es könne nicht sein, dass der Steuerzahler das Privatvergnügen einer kleinen Minderheit subventioniert, so Strößenreuther.

Von zwei Millionen Einwohnern in der Innenstadt würden nur 15 Prozent ihre Wege mit dem Auto zurücklegen, führt er an. Der Automobilclub ADAC hingegen würde das Modell begrüßen. Befürworter gibt es auch bei den Linken. In Tempelhof-Schöneberg haben sie einen Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht, der derzeit auch in den Ausschüssen beraten wird. Der Linke- Bezirksverordnete Martin Rutsch hofft, dass eine Mehrheit dafür zustande kommt.

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