Berlin. Der neue CDU-Fraktionsvorsitzende will die Partei zu besseren Ergebnissen führen. Und er möchte sich klar von der AfD abgrenzen.

Burkard Dregger ist neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion. In seinem ersten Interview als Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus formuliert der 54 Jahre alte Jurist ambitionierte Pläne.

Herr Dregger, Sie sind jetzt Vorsitzender der CDU-Fraktion. Wann haben Sie sich entschlossen, diesen Posten anzustreben?

Burkard Dregger: Nach der Rücktrittsankündigung von Florian Graf, dem ich für seine engagierte Arbeit danke, habe ich mit Mario Czaja gesprochen. Dann haben wir am nächsten Morgen noch einmal telefoniert. Da habe ich mir vorstellen können, den Vorsitz zu übernehmen. Vorher stellte sich die Frage nicht, deshalb hatte ich sie auch nicht auf meiner Agenda.

Wie wollen Sie das Verhältnis zu den Kreisvorsitzenden gestalten, die ja für Mario Czaja waren?

Mit Monika Grütters und Stefan Evers arbeite ich daran, aus all den starken Köpfen ein geschlossenes und starkes Team zu formen. Ich sehe die Kollegen alle in Führungsverantwortung. Wir haben die Reihen in kürzester Zeit geschlossen.

Sie gelten als eher bedächtig. Beherrschen Sie auch die Abteilung Attacke?

Ja klar. Ich habe in der letzten Legislaturperiode fünf Jahre die konsequente Abschiebepolitik unseres Innensenators Frank Henkel im Abgeordnetenhaus gegen die anderen Fraktionen verteidigt, die Abschiebungen verteufelt haben. Diesen Konflikt habe ich in aller Härte ausgetragen, bin keinem Streit aus dem Wege gegangen und war für viele der Buhmann. Rote und Grüne haben immer wieder Abschiebeverbote gefordert. Gegen diesen Unsinn haben wir uns durchgesetzt.

Die CDU muss mit der Kritik leben, an der Regierung zwischen 2011 und 2016 nicht so viel hinbekommen zu haben. Stichworte Lageso, Polizei, Wohnungsbau.

Auch wir haben Anlass zur Selbstkritik. Aber wir haben daraus Konsequenzen gezogen. Wir arbeiten an unserer programmatischen Erneuerung. Wir haben ein Zukunftsforum mit Mario Czaja an der Spitze und viele Fachgremien gegründet. Wir haben uns personell neu aufgestellt. Wir bieten eine glaubwürdige, ehrliche, nichts beschönigende Perspektive. Damit wollen und werden wir Vertrauen zurückgewinnen.

Ihr Kernthema ist die innere Sicherheit. Was würden Sie anders machen als SPD-Innensenator Andreas Geisel?

Wenn es um bessere Ausstattung der Polizei geht, rennt er bei uns offene Türen ein. Aber die Koalition versagt bei der Frage, was unsere Berliner Polizei darf. Wir haben keine vernünftige Videoüberwachung, keine Schleierfahndung, keine Telefonüberwachung von terroristischen Gefährdern und keine elektronischen Fußfesseln für ihre Überwachung, alles Selbstverständlichkeiten in den meisten anderen Bundesländern. Deswegen haben wir in Berlin die meisten Straftaten und die geringste Aufklärungsquote. Wenn wir die Regierung übernehmen, ist es mein Ziel, die rote Laterne in diesem Bereich abzugeben. Man kann nämlich etwas tun gegen Kriminalität. Man muss es aber wollen.

In der Verkehrspolitik kommen von der CDU autofreundliche Töne. Muss man nicht sagen, dass die Zeit der Vorherrschaft des Kfz abläuft?

Wir erkennen, dass Veränderungen notwendig sind, lehnen es aber ab, die privaten Autos aus dem Verkehr zu ziehen. Viele sind auf ihren Wagen angewiesen. Wir sind keine Autofahrerpartei, wir wollen einen vernünftigen Mix. Ich nutze alle Verkehrsträger, Fahrrad, ÖPNV oder mein erdgasgetriebenes Auto. Ich entscheide jeden Tag, wie ich mich am besten bewege. Diese Freiheit wollen wir den Berlinern lassen. Auf diesem Grundsatz haben wir ein umfassendes Verkehrskonzept vorgelegt.

Wie grenzen Sie sich von der AfD ab?

Die AfD verrät deutsche Interessen. Deshalb ist mir die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD ein Hauptanliegen. Mein Ziel ist, dass die AfD verschwindet. Deshalb gehe ich in ihre Hochburgen und versuche, die Menschen zu überzeugen. Viele in der AfD sagen, sie stünden in der Tradition der CDU. Aber die AfD stellt die Europäische Union und die nordatlantische Partnerschaft infrage. Stattdessen biedert sie sich bei Russland an und legitimiert das völkerrechtswidrige Verschieben von Grenzen in Europa. Das tangiert die Sicherheitsinteressen unseres Landes.

Kann es sich die CDU leisten, die AfD als möglichen Bündnispartner auszuschließen?

Ich kann die AfD nicht als Bündnispartner erkennen. Diese Partei lebt davon, den Leuten einzureden, sie bekämen ganz wenig und die Flüchtlinge ganz viel. So schürt sie Ressentiments. Wir sagen: Die Ausreisepflichtigen müssen dieses Land verlassen. Die mit einer Bleibeperspektive müssen wir inte­grieren. Aber sie müssen sich an die Regeln halten, sonst haben sie ihr Gastrecht verwirkt. Ich bin dafür, dass das Recht auch durchgesetzt wird. Wenn wir den Rechtsstaat nicht durchsetzen, geben wir ihn preis.

Welches ist die Machtoption, die die Berliner CDU anbieten möchte?

Unsere Machtoption heißt 30 Prozent plus X für die Berliner CDU. Die werden wir mit einem klaren Kurs erreichen. Dann werden wir eine Regierung bilden können – und zwar als stabile Zwei-Parteien-Koalition. Die derzeit gute Entwicklung unserer Stadt liegt ja nicht an der Politik. Berlin entwickelt sich trotz schlechter Politik. Nur die CDU setzt die richtigen Prioritäten. Sonst sehe ich nur einen Haufen von durcheinander redenden Leuten, die nicht wissen, was wichtig ist.

Können Sie sich vorstellen, auch Spitzenkandidat zu werden?

Das ist denkbar. Das erste Zugriffsrecht hat unsere Landesvorsitzende Monika Grütters. Ich halte sie mit ihrer klaren, liberal-bürgerlichen Orientierung auch für die beste Kandidatin. Sie überstrahlt den Amtsinhaber um Längen. Wenn sie es nicht macht, müssen wir gemeinsam erörtern, wer der beste Kandidat ist. Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein. Ich werde aber dafür sorgen, dass wir ab sofort in der Lage sind, die Regierung zu übernehmen. Allein aus unserer Fraktion können wir jede Senatorenposition doppelt besser besetzen als Rot-Rot-Grün. Wir werden vorbereitet sein, wenn Rot-Rot-Grün vorzeitig scheitert. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.

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