Berlin. SPD-Politiker fordern neue Regeln für Berlin. Bezirke sollen Areale für die Böllerei festlegen. Der Senat hält sich noch bedeckt.

SPD-Abgeordnete unternehmen einen neuen Vorstoß, die Silvesterböllerei in Berlin einzuschränken. Demnach soll es nicht mehr möglich sein, überall in der Stadt Raketen und Knallkörper zu zünden, ein komplettes Verbot streben die Initiatoren aus dem Arbeitskreis Wirtschaft der Sozialdemokraten allerdings nicht an. Ihre Initiative sieht mehrere Maßnahmen vor. Die Wichtigste: Das Abbrennen der Böller soll nur noch in bestimmten Zonen erlaubt sein, die von den Bezirken festgelegt werden. Außerdem soll der Verkauf von Feuerwerkskörpern erst vom 29. Dezember an gestattet sein. Bislang dauert in Berlin der legale Verkauf vom 28. bis zum 31. Dezember. Und schließlich wollen die SPD-Abgeordneten die Kontrollen, mit denen nicht zulässige Böller aufgespürt werden, verschärfen.

„Wir fordern, dass das Böllern nicht so ungeregelt bleibt, wie es bisher ist“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Jörg Stroedter am Donnerstag. Die letzte Silvesternacht sei an vielen Stellen in der Stadt aus dem Ruder gelaufen. Passanten seien aus Häusern heraus gezielt beschossen worden, es habe massive Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter mit Feuerwerkskörpern gegeben. „Das ist völlig inakzeptabel“, kritisierte Stroedter.

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    Hohe Umweltbelastung durch Feinstaub-Ausstoß

    Aber auch aus umweltpolitischen Gründen sollte die Knallerei eingeschränkt werden, betonte der SPD-Politiker. Laut Umweltbundesamt wird in der Silvesternacht eine Feinstaubwolke in die Luft geblasen, die 17 Prozent der Jahresbelastung durch den Autoverkehr entspricht. Von den Unmengen an Papier- und Plastikmüll, der nach der Knallerei auf den Straßen zurückbleibt, ganz zu schweigen.

    Jörg Stroedter weiß, dass das Thema heikel ist und Forderungen nach Einschränkungen oder Verboten bei der Böllerei große Proteste bei vielen Berliner auslösen. Er verwies auf Städte wie Paris, in denen privates Feuerwerk gänzlich verboten ist. So weit wolle er in Berlin nicht gehen, aber es könne auch nicht einfach alles so bleiben wie es ist. Zunächst werde die Initiative des Wirtschaftskreises in der SPD-Fraktion besprochen. Der Fraktionsvize möchte eine ausführliche und in Ruhe geführte Diskussion. Es sei aber wichtig sie jetzt anzuschieben wenn man zu Regelungen kommen möchte, die schon in der nächsten Silvesternacht greifen.

    Im Senat sind, entgegen anderslautenden Aussagen von Abgeordneten der rot-rot-grünen Regierungskoalition kurz nach dem Jahreswechsel, Einschränkungen der Silvesterböllerei derzeit kein Thema. Zuständig dafür wäre nicht die Senatsinnen- sondern die Arbeitsverwaltung, weil Feuerwerkskörper unter das Sprengstoffgesetz fallen. Eine Sprecherin von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) verwies darauf, dass die Berliner Verwaltung „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ bereits deutlich über das Bundesrecht hinausgehe. Sie habe die bundesweit gesetzlich zulässige Abbrennzeit für Feuerwerk von 48 Stunden an Silvester und Neujahr verkürzt. Böller dürfen in Berlin nur an Silvester ab 18 Uhr bis Neujahr um 7 Uhr abgebrannt werden.

    Für Böllerverbote, wie sie etwa Düsseldorf in Teilen der Altstadt erlassen habe, müsse eine erhebliche Gefahr für Passanten und Einsatzkräfte vorliegen, die von der Behörde in jedem Einzelfall genau begründet werden müssten, so die Sprecherin. Damit liege die Latte für generelle Verbote hoch.

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      Bürgerkriegsähnliche Zustände in der Neujahrsnacht

      Viele Berliner, darunter auch Politiker, beklagten in der letzten Neujahrsnacht „bürgerkriegsähnliche Zustände“ in Teilen Berlins. Grund waren gezielte Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Passanten sowie viele schwere Verletzungen durch Böllerunfälle. Fast 1800 Polizeieinsätze und mehr als 100 Brände bilanzierten Polizei und Feuerwehr.

      Der Linke-Abgeordnete Hakan Tas hatte bereits vor dem Jahreswechsel laut über ein stufenweises Böllerverbot in der Berliner Innenstadt nachgedacht. „Ein teilweises Böllerverbot rückt näher, eine Einschränkung ist sinnvoll“, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux am Donnerstag. Er beobachte in dieser Hinsicht zudem einen Stimmungsumschwung in der Stadt. Senat und Bezirke sollten nun gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Silvesterböllerei einzuschränken. Ein komplettes Verbot strebt auch Lux nicht an, es wäre zudem rechtlich schwer durchsetzbar. Landesrechtlich hält der Grünen-Innenexperte Verbotszonen beziehungsweise Erlaubniszonen für möglich. Die Durchsetzung des Verbots und die Kontrolle seien allerdings schwierig.

      Seine Fraktion habe sich in dieser Frage noch nicht positioniert, erklärte der umweltpolitische Sprecher der CDU-Abgeordneten, Danny Freymark. Mutmaßlich sei eine Mehrheit dafür, es beim jetzigen Status zu belassen. Er persönlich halte Regeln, um das Silvesterböllern besser zu organisieren, für geboten. Freymark hält die Einführung von geschützten Erlaubniszonen für einen diskussionswürdigen Vorschlag.

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