1. Nachrichten
  2. Unterhaltung
  3. Der Staat darf nicht allmächtig werden

"Neustart für Deutschland" - die Chancen-Kolumne: Der Staat darf nicht allmächtig werden
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
FDP-Politiker Carsten Linnemann.
FOCUS Online/dpa/Lufthansa/TUI FDP-Politiker Carsten Linnemann.

Seit der Corona-Pandemie mischt sich der Staat beinahe selbstverständlich in die soziale Marktwirtschaft ein. Eigentlich sollte es sich um eine Übergangslösung handeln. Doch der Umgang mit Staatsbeteiligung wurde zunehmend sorglos.

Die mit einem Symbol oder Unterstreichung gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Kommt darüber ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision - ohne Mehrkosten für Sie! Mehr Infos

Im März 2020 rief mich ein völlig verzweifelter Schausteller an. Er war hörbar alkoholisiert und hatte nackte Angst um seine Existenz. Das Gespräch geht mir seitdem nicht aus dem Kopf. In den darauffolgenden Wochen führten wir Abgeordnete tausende ähnliche Gespräche mit Gastronomen, Reisebüros, Hoteliers, Messebauer, Künstlern, Einzelhändlern oder Veranstaltern. Auch meine Kolleginnen und Kollegen lassen diese Schicksale nicht kalt.

Wir fühlten uns angespornt, etwas zu tun. Entsprechend schnell haben wir wichtige Hilfen auf den Weg gebracht: Soforthilfen, Überbrückungshilfen, Kurzarbeitergeld und vieles mehr. Über 100 Milliarden Euro haben wir in Deutschland seit Beginn der Krise ausgezahlt. Das ist zum größten Teil gut investiertes Geld. Trotzdem müssen wir verdammt aufpassen, dass wir nicht das Gefühl für Geld verlieren. Weil die Haushaltszwänge kaum noch gelten, werden die Summen immer größer. Redeten wir früher noch über Millionen, geht es heute um Milliarden. Wenn wir uns aber in so einer künstlichen Ökonomie einrichten, dann ist die Schwelle von der Marktwirtschaft in die Staatswirtschaft schnell überschritten.

Der Umgang mit Staatsbeteiligung wird zunehmend sorglos

Am klarsten zeigt sich das am zunehmenden sorglosen Umgang mit Staatsbeteiligungen. Für die Beteiligung an der Lufthansa gab es noch einen guten Grund. Mit ihren Start- und Landerechten gehört sie zur kritischen Verkehrsinfrastruktur in Deutschland.

Schwerer fällt es mir zu akzeptieren, dass der deutsche Staat seit seiner Beteiligung an TUI – überspitzt gesagt – nun auch Reiseveranstalter ist. Und für die Beteiligung am Impfstoffhersteller CureVac hat mir bis heute noch niemand einen vernünftigen Grund genannt. Das Unternehmen ist kerngesund. So gesund, dass es nur zwei Monate nach dem Staatseinstieg an die Börse ging – übrigens nicht in Frankfurt, sondern in New York. Warum braucht es dann überhaupt den Staat? Welche Kriterien waren für die Beteiligungen maßgeblich? Warum gerade CureVac und nicht ein Konkurrent wie zum Beispiel Biontech? Das wirkt auf mich alles ziemlich willkürlich.

In Sachsen-Anhalt - Blamage für die AfD: Björn Höcke soll Wahlkampf starten - doch der kommt nicht 

An Willkür bei Staatsbeteiligungen dürfen wir uns nicht gewöhnen. Es darf nicht normal werden, dass der Staat vom Schiedsrichter und Regelsetzer zum Mitspieler wird, der selbst ins Geschehen eingreift. Mit einem fairen Spiel hat das jedenfalls nichts mehr zu tun.

Mit dem Virus breitete sich auch der Glaube an die Allmacht des Staates aus.

Ein abschreckendes Beispiel ist die Post: Hier war der erste Schritt der Privatisierung sehr erfolgreich. Die ehemalige Bundespost ist mit DHL inzwischen ein international wettbewerbsfähiges Hochleistungsunternehmen. Kunden von Pinneberg bis Peking können das bestätigen. Doch weil der Staat weiter Anteilseigner der Post ist, hält er seine schützende Hand über sie. Damit verzerrt er den Wettbewerb und schadet letztlich uns allen.

Wie schwer es ist, aus Staatsbeteiligungen wieder auszusteigen, zeigt auch der Fall der Commerzbank. Was als vorübergehende Rettungsaktion in der Finanzkrise begann, ist mehr als zehn Jahre später zu einer teuren Hängepartie geworden. Ein Ausstieg ist nicht in Sicht.

Das scheint jedoch kaum einen zu stören. Im Gegenteil. Seit Corona gibt es eine neue "Geld-ist-genug-da-Mentalität". Mit dem Virus breitete sich auch der Glaube an die Allmacht des Staates aus.

(Anzeige) Die Kanzlerin: Angela Merkels Weg zur Macht

Nach 15 Monaten Pandemie müssen wir aber feststellen, dass der Staat eben nicht allmächtig ist. Dieses Vertrauen wurde enttäuscht. In der Pandemie hat sein Beschaffungswesen eben nicht gut genug funktioniert, vom Impfen bis zum Testen. Bei den Impfstoffen hat der Staat an der falschen Stelle gespart, für Schutzmasken hat er wiederum zu viel bezahlt. Die Corona-Tests lagen längst in den Supermärkten, als die Schulen noch auf ihre erste Lieferung warteten.

Der Markt ist Politikern und Beamten dann überlegen, wenn innovative Lösungen gefragt sind.

Überall dort aber, wo der marktwirtschaftliche Wettbewerb wirkte, wurden die Erwartungen übertroffen. Impfstoffe wurden von privaten Unternehmen in Rekordtempo entwickelt, ebenso neue Testverfahren und Medikamente. Wo der Staat bei der Vergabe von Impfterminen auf Profis aus der Wirtschaft setzte, lief es meist reibungslos. Fehlte diese Unterstützung, blieb der Fortschritt als Papierstau im mittlerweile symbolischen Faxgerät deutscher Gesundheitsämter stecken.

Um es auf den Punkt zu bringen: Der Markt ist Politikern und Beamten dann überlegen, wenn innovative Lösungen gefragt sind. Denn in den marktwirtschaftlichen Wettbewerb bringen wir alle unser Wissen und unsere Ideen ein. Der Staat ist gefordert, für diesen Wettbewerb die Regeln zu setzen und auch durchzusetzen. Das kann er aber nur dann unparteiisch machen, wenn er nicht zugleich Mitspieler ist. Deshalb müssen wir das Thema Staatsbeteiligungen neu denken. Aus meiner Sicht müssen wir in der neuen Legislaturperiode folgende Punkte umsetzen:

  • Erstens: Neue Staatsbeteiligungen darf es nur noch geben, wenn dies zum Schutz kritischer Infrastruktur und der nationalen Sicherheit notwendig ist.
     
  • Anhand dieser Kriterien müssen zweitens alle bestehenden staatlichen Beteiligungen überprüft werden. Wenn eine Beteiligung diese Kriterien nicht erfüllt, muss der Staat sie innerhalb von vier Jahren verkaufen.
     
  • Und drittens: Bei den verbleibenden Staatsbeteiligungen soll der Staat nur Profis für das jeweilige Geschäftsfeld in Aufsichtsräte entsenden. Das schließt Politiker aus. Politik wird in der Sozialen Marktwirtschaft immer noch in Plenarsälen gemacht, nicht in Aufsichtsräten.

Wir haben die Wahl: Wollen wir aus Deutschland eine staatliche Großbaustelle wie beim Berliner Flughafen machen? Oder soll Deutschland ein dynamischer Innovationsstandort für die Biontechs der Zukunft werden? Ich bin klar für Letzteres.

Frank Thelen über Baerbock: „Von ihr möchte ich nicht regiert werden“

FOCUS online Investor im FOCUS-Online-Interview: Frank Thelen über Baerbock: „Von ihr möchte ich nicht regiert werden“
Zum Thema
Deutsche Politiker entsetzt über erzwungene Ryanair-Landung: Unfassbarer Fall von Staatsterrorismus

Weißrussland erzwingt Landung

Deutsche Politiker entsetzt über erzwungene Ryanair-Landung: "Unfassbarer Fall von Staatsterrorismus"

Blamage für AfD: Björn Höcke soll Wahlkampf starten, aber er kommt nicht

In Sachsen-Anhalt

Blamage für AfD: Björn Höcke soll Wahlkampf starten, aber er kommt nicht

Annalena Baerbock und ihr Lebenslauf: An wichtiger Stelle nutzte sie ihre Titel gnadenlos aus!

Analyse von Ulrich Reitz

Annalena Baerbock und ihr Lebenslauf: An wichtiger Stelle nutzte sie ihre Titel gnadenlos aus!

Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch
Lux verlässt Thalia Theater mit starken Besucherzahlen

Leute

Lux verlässt Thalia Theater mit starken Besucherzahlen

Bewährungsstrafe wegen Fälschung von Corona-Impfnachweisen

Prozess

Bewährungsstrafe wegen Fälschung von Corona-Impfnachweisen

Mit teurem Beamtentum leben wir auf Kosten unserer Kinder: Die Lösung ist ungemütlich

"Neustart für Deutschland" - die Chancen-Kolumne

Mit teurem Beamtentum leben wir auf Kosten unserer Kinder: Die Lösung ist ungemütlich

Mit 3 Jahren zum Sprachtest! Jedes Kind in Deutschland muss Deutsch sprechen können

"Neustart für Deutschland" - die Chancen-Kolumne

Mit 3 Jahren zum Sprachtest! Jedes Kind in Deutschland muss Deutsch sprechen können