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„Unzulässig und politisch verfehlt“

Senat lehnt Volksbegehren für mehr Videoüberwachung ab

Videokameras (Symbolbild)
Der Senat will die Zahl der Orte mit Videoüberwachung eingrenzen (Symbolfoto) Foto: Uwe Geisler

Der Berliner Senat lehnt das von einer Initiative angestrengte Volksbegehren für mehr Videoüberwachung ab. Das Vorhaben sei „rechtlich unzulässig und politisch verfehlt“, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD).

Die Initiatoren des Volksbegehrens wollen erreichen, dass bis zu 1000 Kameras an bis zu 50 besonders mit Kriminalität belasteten Orten in Berlin aufgehängt werden. Im Gesetzentwurf der Initiative gebe es eine mangelnde Eingrenzung möglicher Einsatzorte für Videoüberwachung, so Geisel. „Wegen der Betroffenheit einer unüberschaubaren Anzahl von Personen würde die Regelung unverhältnismäßig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Menschen eingreifen.“

Durch die große Zahl an Aufnahmestandorten würde aus Sicht des Senats eine unvertretbar große Menge personenbezogener Daten in Bild und Ton gespeichert. Diese könnten „tiefe Einblicke in individuelle Verhaltensweisen und Gewohnheiten von Unbeteiligten“ liefern. Zu unbestimmt sei im Gesetzentwurf zudem die Frage beantwortet, welche Auswertungsmöglichkeiten die Polizei im Hinblick auf die Aufnahmen einsetzen dürfe.

„Der Senat kommt zu dem Schluss, dass der Gesetzentwurf die Unterschriftsberechtigten des Volksbegehrens in die Irre führt, indem die Bezeichnung und auch die Begründung des Gesetzes ein Mehr an Datenschutz suggeriert“, erklärte Geisel weiter. Dem Zugewinn an vermeintlicher Sicherheit stünden jedoch unverhältnismäßige Einbußen beim Schutz personenbezogener Daten gegenüber.

„Wir geben nicht auf“, sagte Heilmann der Deutschen Presse-Agentur. Er könne nicht verstehen, warum eine Erhöhung der Zahl der Videokameras von derzeit rund 15 000 auf 16 000 unverhältnismäßig sein solle. Das Bündnis gehe fest davon aus, das es zu einem Volksentscheid zum Thema komme, das dauere nun eben etwas länger.

Bereits 25.000 Unterschriften für mehr Kameras

Bisher darf die Berliner Polizei nur bei bestimmten Anlässen und unter bestimmten Voraussetzungen zeitlich begrenzt filmen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder Großveranstaltungen. Die Initiative, zu deren Initiatoren der frühere Berliner Justizsenator und jetzige CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann und der ehemalige Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) gehören, hält das nicht für ausreichend. Mitte Februar hatte die Initiative die erste Hürde für ein Volksbegehren genommen und der Innenverwaltung etwa 25 000 Unterschriften übergeben.

Ein Volksbegehren mit womöglich anschließendem Volksentscheid birgt für den rot-rot-grünen Senat politischen Zündstoff. Denn einer Umfrage aus dem Frühjahr zufolge befürworten zwei Drittel der Berliner mehr Kameras. Damit droht dem Senat nach dem Tegel-Volksentscheid, bei dem eine Mehrheit für den Weiterbetrieb des alten Airports nach der BER-Eröffnung votierte, die zweite Niederlage.

So reagieren die anderen Parteien

In der Koalition sind vor allem Linke und Grüne gegen mehr Kameras, dies ist auch im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Allerdings hatte Geisel unter dem Eindruck des möglichen Volksbegehrens eine Novelle des Polizeigesetzes angekündigt, um moderat mehr Videoüberwachung stark kriminalitätsbelasteter Plätze zu ermöglichen. Momentan ist unklar, ob er damit bei den Koalitionspartnern der SPD durchdringt.

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger kritisierte den Beschluss: „Der Senat hat Angst vor dem Volk.“ Dregger verwies darauf, dass die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mit ihrer Videoüberwachung in U-Bahnhöfen, Waggons und Bussen erfolgreich seien. „Es ist völlig absurd zu behaupten, dass die bewährte Praxis im Bereich der BVG nicht auch am Kottbusser Tor, am Alex und anderen Kriminalitätsschwerpunkten erlaubt sein soll.“ Senator Geisel sei zum „sicherheitspolitischen Hampelmann von Linken und Grünen“ geworden.

Grünen-Landeschef Werner Graf begrüßte hingegen den Senatsbeschluss. „Wer versucht, eine flächendeckende, anlasslose Video- und Tonüberwachung der Berlinerinnen und Berliner durchzusetzen, muss an unserem Grundgesetz scheitern“, so Graf. „Am Kottbusser Tor zeigt sich bereits, dass Polizeipräsenz vor Ort mehr bewirkt als zusätzliche Kameras.“ FDP-Innenexperte Marcel Luthe forderte, die Zahl der Polizisten und Feuerwehrleute an die wachsende Stadt anzupassen und um 15 Prozent zu erhöhen. „Eine Kamera schützt niemanden.“

Themen: Videoüberwachung Volksbegehren
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