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Thomas Flierl von der damaligen PDS war Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur, zuvor Baustadtrat in Mitte. Das Foto entstand im Jahr 2006.

© Thilo Rückeis

Update

Job im Bezirksamt Berlin-Mitte: Ex-Senator Thomas Flierl ist wieder da

70 Euro Stundenlohn, ohne eine Bewerbung zu schreiben – davon träumt wohl jeder Jobsuchende. Ex-Senator Thomas Flierl hat so einen Auftrag an Land gezogen.

Ex-Kultursenator Thomas Flierl ist wieder da – er hat einen schönen Beratervertrag vom Bezirksamt Mitte bekommen: Für 70 Euro netto die Stunde hat er von April 2017 bis Ende 2018 das Projekt „Themenbahnhöfe“ vorbereitet und entwickelt, Steuerungsrunden organisiert, Konzepte harmonisiert, die Denkmalverträglichkeit überprüft und einen Bewerbungsvorschlag bei der Kultusministerkonferenz erarbeitet. Ausgeschrieben wurde die Stelle nicht, Stadtrat Ephraim Gothe begründet das so: „Die Eignungsprüfung ergab, dass aus fachlich-stadtplanerischer Sicht für die Leistung nur Herr Flierl infrage kommt.“

Logisch. Bei dieser anspruchsvollen Aufgabenbeschreibung kommt natürlich nur Herr Flierl infrage. Niemand sonst. So einen wie ihn hat Berlin nämlich nicht zweimal. Entschieden hat über den freihändigen Zuschlag für den Ex-Politiker der Linken im guten Einvernehmen mit Stadtentwicklungssenatorin Lompscher (Linke) und Kultursenator Lederer (Linke) der Fachbereich Stadtplanung, der praktischerweise auch gleich die Leistung überprüft (oder eben auch nicht). Ob Flierl seine einzigartige Tätigkeit auch in diesem Jahr fortsetzen kann, steht allerdings in den Sternen. Derzeit wird Senatsintern diskutiert, ob noch Geld für das Projekt nachgeschossen werden soll – und der Ex-Senator damit seinen Job auch 2019 behalten kann.

Wie sieht die künftige „Zusammenarbeit“ mit den Initiativen aus?

In der Angelegenheit „Themenbahnhöfe“ hat auch der Grünen-Verordnete Taylan Kurt ein wenig nachgebohrt – er wollte unter anderem wissen, warum das Bezirksamt vor der Beauftragung darauf verzichtet hat, Anwohnerinitiativen einzubeziehen. Die Antwort des Stadtrats: „Eine Einbeziehung von Anwohnerinitiativen war fachlich nicht begründbar.“ Und wie sieht die künftige „Zusammenarbeit“ mit den Initiativen aus? „Es erfolgt die regelmäßige Mitteilung und Information über das Internet, die Gebietszeitung und die Sprechstunden.“ Na, da sind wir aber dankbar. Die Recherche für die Beantwortung der sechs Fragen von Kurt zum Komplex hat übrigens den gehobenen Dienst fünf Stunden beschäftigt und den höheren Dienst zwei, die Kosten dafür: 456,56 Euro.

Dazu auch der Blick in den Koalitionsvertrag: „Die Koalition misst der politischen Partizipation der Bürger*innen große Bedeutung zu.“ (S. 174). Wann es soweit ist, steht dort nicht.

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Den Text haben wir dem neuen "Checkpoint" am Donnerstagmorgen entnommen. Den Tagesspiegel-Newsletter von Chefredakteur Lorenz Maroldt können Sie komplett und kostenlos lesen unter https://checkpoint.tagesspiegel.de/

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Lesen Sie mehr zum ehemaligen Kultursenator Thomas Flierl

- 2009: Thomas Flierl zieht sich aus Politik zurück. „Ich trete bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 nicht wieder an.“ 

- 2006: Kein Senator wurde so oft vom Regierungschef gescholten wie Thomas Flierl. Das hat mich geschützt, sagt er im Abschiedsinterview mit dem Tagesspiegel.

- 2006: Flierl kritisiert Abschaffung seines Amtes. Der Berliner Kultursenator Thomas Flierl hat die Abschaffung seines Amtes kritisiert: "Der Verzicht auf einen Kultursenator in der Hauptstadt war eine rein machtpolitische, keine kulturpolitische Entscheidung". Hier lesen Sie den Tagesspiegel-Text.

- 2000: Sein letzter Tag als Baustadtrat von Berlin-Mitte. Thomas Flierl im Tagesspiegel-Gespräch: "Wer gestalten will, muss auch Nein sagen können".

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