Berlin. Andreas Geisel folgt der Mehrheit in der SPD. Gesundheitssenatorin Kolat spricht sich für ein Modellprojekt in Berlin aus.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) würde sich einer Legalisierung von Cannabis nicht in den Weg stellen. Damit folgt Geisel der Mehrheit in der Berliner SPD. Im Interview mit der Berliner Morgenpost sagte Geisel, dass Polizei und Verbote beim Cannabis-Konsum nicht helfen würden und man deshalb neue Wege gehen müsse.

Die Legalisierung von Cannabis war unter Berliner Sozialdemokraten jahrelang umstritten. Geisel, der sich selbst als strukturkonservativ bezeichnet, galt als einer der prominentesten Gegner der Legalisierungsbemühungen und stimmte vor zwei Jahren gegen einen entsprechenden Antrag, der damals noch mit einer knappen Mehrheit abgelehnt worden war. „Das hindert mich aber nicht daran, jeden Tag schlauer zu werden“, sagte Geisel. Die Debatte sei irrational. Während das abendliche Bier in Deutschland als Kulturgut zähle und eine ähnliche Wirkung wie weiche Drogen habe, sei das eine gesellschaftlich akzeptiert, das andere nicht, so der Innensenator weiter.

Im Interview mit der Morgenpost sagte der Innensenator, dass bei diesem Thema in seiner Brust zwei Herzen schlagen würden und er prinzipiell für die Durchsetzung von Regeln sei. Man verwende aber große Summen Geld und benötige einen beträchtlichen Personalaufwand, um dieses Cannabis-Verbot durchzusetzen. „Wir geben für die Strafverfolgung Geld aus, das wir in Prävention stecken könnten, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Der Thematik muss man sich stellen“, sagte Geisel.

Auch Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) will die bestehende Cannabis-Regelung lockern – zumindest unter bestimmten Bedingungen. „Ich persönlich bin für die Entkriminalisierung des Besitzes und des Konsums“, sagte sie der Morgenpost. Einer gänzlichen Legalisierung, die auch den Verkauf erlauben würde, sieht sie jedoch kritisch. „Für mich ist eine Voraussetzung für die Legalisierung, dass der Konsum unter Jugendlichen dadurch nicht steigt“, so Kolat. Junge Menschen könnten durch Cannabis starke körperliche und geistige Entwicklungsstörungen davontragen, als Gesundheitssenatorin könne sie das nicht ignorieren: „Eine Legalisierung müssen wir deshalb zunächst wissenschaftlich untersuchen, was wir mit dem Modellprojekt jetzt auch machen.“

Verkauf von Cannabis per Bundesgesetz verboten

Weit gekommen ist der Senat mit diesem Modellversuch, der auch Koalitionsvertrag festgehalten ist, bislang aber nicht. Geplant ist, dass Cannabis im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung kontrolliert abgegeben und verkauft wird. Weil der Verkauf von Cannabis aber per Bundesgesetzgebung verboten ist, muss das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine entsprechende Ausnahme genehmigen, für die Berlin einen Antrag stellen muss. Dieser „könnte“ laut Gesundheitsverwaltung im Herbst 2019 beim BfArM eingereicht werden.

Vorab soll das Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung an der Universität Hamburg (ZIS) eine Studie erarbeiten, für die unter anderem Cannabis-Konsumenten befragt werden. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für ein detailliertes Konzept des Modellversuchs dienen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, hatte sich kürzlich deutlich gegen eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen.

Grund für das langwierige Verfahren sind auch die Erfahrungen, die Friedrichshain-Kreuzberg im Jahr 2015 gemacht hat. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wollte schon damals einen Modellversuch zum Verkauf von Cannabis starten, scheiterte aber, weil das BfArM den Antrag als unzulässig und unbegründet ablehnte. Die Gesundheitsverwaltung will das nun besser machen, wie Kolat betont: „Wenn wir einen Antrag stellen, wollen wir auch dafür sorgen, dass er positiv beschieden wird.“

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