Berlin. Zu breit gebaut: Die Präsentation des ersten Parklets am Bahnhof Schönhauser Allee ist geplatzt. Das Bezirksamt verweigert die Abnahme.

Eigentlich sollten die neuen Parklets an der Schönhauser Allee schon im Frühjahr neue Akzente setzen. Dann verschob sich die Aufstellung in den Sommer, schließlich in den September – und jetzt steht tatsächlich das erste Exemplar vor dem örtlichen Einkaufszentrum. Doch die offizielle Präsentation, die für Donnerstagvormittag geplant war, fiel überraschend aus. „Aus organisatorischen Gründen“, hieß es zunächst bei der Senatsverwaltung für Verkehr.

Der tatsächliche Grund: Das Bezirksamt Pankow erkannte bei der Neuanschaffung der Senatsverkehrsverwaltung eklatante Mängel. Deshalb verweigerte Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) die Annahme des ersten Stadtmöbels. „Das ist Verkehrsgefährdung. Das können wir so nicht lassen“, sagte er am Mittwochabend am Rande der Bezirksverordnetenversammlung. Das neu gelieferte Parklet sei eindeutig zu breit – und gefährdet aus Sicht des Bezirksamtes ausgerechnet diejenigen Verkehrsteilnehmer, denen es eigentlich nutzen soll: die Radfahrer. Sie rasen in hohem Tempo nur wenige Zentimeter von der Holzkante entfernt auf dem Radstreifen vorbei.

Radweg schneidet Parklets vom Gehweg ab

Anders als bisherige Konstruktionen, die in Berlin zum Beispiel in der Bergmannstraße in Kreuzberg bereits im Einsatz sind, dient das erste Exemplar für die Schönhauser Allee nicht als Sitzmöglichkeit für Fußgänger, sondern als Abstellanlage für Fahrräder. Wo sich ansonsten die Bänke befinden, sind mehrere Bügel montiert. Die Umhausung aus Holz ist identisch mit den Parklets für Fußgänger. Doch die beiden Parkplätze, auf denen es postiert wurde, weisen nur eine Tiefe von 2,50 Metern auf – die Holzverkleidung misst aber etwa drei Meter. Und ragt mit ihren Kanten zu nah an den Radweg heran. Zunächst wolle man prüfen, ob sich die überstehenden Holzstücke einfach absägen lassen, sagte Kuhn.

Diese Lösung bevorzugt auch die Senatsverwaltung für Verkehr. „Die Seitenwände des Parklets werden jetzt abmontiert und gekürzt“, kündigt Sprecherin Dorothee Winden an. Die Bretter stünden derzeit um acht Zentimeter über. Zugleich stellt Winden fest: „Der Radverkehr war und ist zu keinem Zeitpunkt gefährdet, da das Parklet von einem Bauzaun abgesichert ist.“ Tatsächlich sind die Kanten des Möbels durch rot-weiße Baken und eine mehrere Meter lange Pufferzone geschützt. Winden weist auch darauf hin, dass die Holzkanten zwar sehr dicht an den Radstreifen heranragen, aber die eigentliche Fahrspur nicht überdecken – „trotzdem kann das so nicht bleiben“. Jedes Parklet kostet 50.000 Euro und wird im Falle der Schönhauser Allee aus einem Klimaschutzprogramm des Bundes finanziert.

In Pankow ist man unglücklich, dass die Parklets mit deutlicher Verspätung ausgerechnet zur dunklen Jahreszeit aufgestellt werden. Laut Stadtrat Kuhn werden jetzt insgesamt vier Parklets an der Schönhauser Allee montiert, wobei jedes Parklet zwei Parkplätze am Straßenrand belegen soll. Es wird sich nicht nur um Exemplare der neuen Variante mit Fahrradabstellplätzen handeln, sondern auch um die klassische Version mit Sitzbänken für Fußgänger. „Wir wollen sie ein Jahr lang in einer Testphase ausprobieren“, erklärte der Stadtrat. Anfang 2019 sollen dann als Ergänzung doppelstöckige Fahrradabstellanlagen angeschafft werden, wie man sie vom Bahnhof Pankow kennt.

Auch in der Kreuzberger Bergmannstraße bereiteten Parklets bislang Probleme. Bei den dortigen Bänken war zwar die Verkehrssicherheit von vorn herein gegeben. Dafür klagten Anwohner über die Vermüllung der Sitzbuchten und über nächtliche Lärmbelästigung. Trotz negativer Erfahrungen hält die Politik an den Parklets in der Bergmannstraße fest – nach den Anwohnerbeschwerden wird dort gerade eine verbesserte Version aufgebaut.

Pankow will von Anfang an von den Erfahrungen der Kreuzberger lernen und die Gewerbetreibenden als Paten verpflichten. Sobald die Parklets in der Schönhauser Allee verkehrssicher sind, wird eine Pflegevereinbarung unterschrieben. Eine Vermüllung der Möbel soll es in Pankow nicht geben.

Und was sagen die Nutzer? Radfahrerin Julia Zorn, die den Aufbau des Parklets beobachtet hat, hält die Situation für „völlig abstrus“. Dass die Wände zu breit sind, hätte sofort auffallen müssen. „Können die nicht vorher messen?“, spottet ihr Freund Sebastian Wagner. „Der Radweg schneidet das Parklet vom Gehweg ab. Bei dem Tempo, in dem hier gefahren wird, wäre es mir nicht geheuer, ihn zu überqueren“, berichtet er.

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