CDU-Fraktionschef Dregger über den Wohnungsbau, eine Spitzenkandidatur – und seinen Vater Alfred.

Die Berliner CDU will sich auf ihrem Parteitag nächsten Sonnabend vor allem mit der Wohnungspolitik beschäftigen. Im Interview erklärt CDU-Fraktionschef Burkard Dregger erste Details.

Herr Dregger, die CDU will sich auf ihrem Parteitag in der Wohnungspolitik stärker profilieren. Was genau planen Sie?

Burkard Dregger: Wir wollen die Hemmnisse gegen mehr Wohnungsbau beseitigen. Das größte Hemmnis ist die Linkspartei und ihre Nicht-Bausenatorin. Sie weigert sich etwa, den Genossenschaften Grundstücke zum Bau zur Verfügung zu stellen, konzentriert sie lieber auf städtische Wohnungsbaugesellschaften. Die aber können so viele Grundstücke gar nicht zeitnah entwickeln. Deswegen wollen wir, dass Grundstücke auch an Genossenschaften vergeben werden – aber auch an private Investoren, weil wir ohne sie den Wohnungsbedarf nicht decken können.

Der armen Rentnerin hilft es wenig, wenn demnächst eine Genossenschaft neue Wohnungen baut. Was haben Sie für die Bestandsmieter im Angebot?

Es hilft allen, wenn wir mehr Wohnungsbau hinbekommen. Nur wenn das Angebot an Wohnungen so schnell steigt wie die Nachfrage, werden die Preise fürs Wohnen stabil bleiben. Deswegen dürfen wir es der Linkspartei nicht mehr durchgehen lassen, dass sie trotz ihrer Untätigkeit ihre Hände in Unschuld wäscht und gegen steigende Mieten demonstriert, die sie selbst verursacht.

Noch einmal, kurzfristig wird allein mehr Bauen Bestandsmietern kaum helfen.

Stimmt. Deshalb wollen wir in unserem Masterplan Wohnen vorschlagen, die Subjektförderung auszudehnen. Das bedeutet, wir subventionieren nicht ein Bauvorhaben, sondern unterstützen die Mieter. Wir wollen das bestehende Wohngeld für die untere Einkommensklasse ergänzen im Interesse derjenigen, die gerade nicht mehr für die Förderung infrage kommen. Das ist die Frisörmeisterin, der Polizeibeamte, die Pflegekraft – also Menschen der Einkommensgruppe, die zunehmend Schwierigkeiten haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Um wie viel Geld geht es – wer würde wie stark davon profitieren?

In groben Zügen sieht unser Plan vor, dass zum Beispiel ein alleinstehender Berliner mit einem Brutto-Monatseinkommen von bis zu 1800 Euro das neue Berliner Wohngeld bekommt. Aktuell liegt die Grenze für den Bezug von Wohngeld für einen Single-Haushalt je nach Einzelfall zwischen 1000 und 1400 Euro. Wer die Voraussetzungen erfüllt, soll einen Mietzuschuss von maximal fünf Euro je Quadratmeter erhalten. Neben der Einkommensgrenze würde es in diesem Fall darauf ankommen, dass die Wohnung eine maximale Größe von 45 Quadratmetern aufweist und die Nettokaltmiete oberhalb von acht Euro je Quadratmeter liegt.

Die Zustimmung zur Berliner CDU ist im vergangenen Monat gesunken, Sie stehen nunmehr bei 17 Prozent, ein Tiefstand seit der letzten Landeswahl. Woran liegt das?

Sicherlich nicht daran, dass wir nicht fleißig genug wären. Und auch nicht daran, dass wir nicht genug Inhalte hätten. Aber wir haben es noch nicht vermocht, mit unseren Vorschlägen in der Stadt durchzudringen. Das werden wir ändern.

Die AfD hat im selben Zeitraum zugelegt. Sind das Unions-Wähler, die Ihnen abhandengekommen sind?

Zu einem Teil schon. Wir müssen viel verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Menschen können sich darauf verlassen, dass wir Sicherheit, Recht und Ordnung durchsetzen und nicht zur Ausnahme verkommen lassen, wie es unter Rot-Rot-Grün der Fall ist. Wir akzeptieren es nicht, dass weniger als die Hälfte der angezeigten Straftaten aufgeklärt werden. Wir akzeptieren es nicht, dass die Ausreisepflicht nicht anerkannter Asylbewerber nicht mehr konsequent durchgesetzt wird. Nur durch die konsequente Durchsetzung des Rechts werden wir das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates zurückgewinnen.

Die Leute zweifeln aber doch nicht nur an Rot-Rot-Grün in Berlin, sondern auch an der CDU-Regierung auf Bundesebene.

Das kann ich nachvollziehen. Streit nützt niemandem, die Diskussionen zwischen CDU, CSU und SPD in den vergangenen Wochen waren zum Teil unsäglich. Wir müssen unterschiedliche Auffassungen intern klären, nicht auf großer Bühne.

Als nächstes stehen Wahlen in Hessen und Bayern an. Alexander Gauland tourt dort durch die Gemeinden und erzählt, Ihr Vater, Alfred Dregger, würde heutzutage AfD wählen. Wie finden Sie das?

Das ist dumm und unverschämt, ich verbitte mir das. Alfred Dregger ist und bleibt Teil der CDU. Sein politisches Erbe lasse ich mir nicht streitig machen. Wer wie die AfD die völkerrechtswidrige Annexion der Krim zu legitimieren versucht, gefährdet deutsche Sicherheitsinteressen. Das hätte Alfred Dregger niemals mitgemacht. Und auch der Hetze der AfD und der Spaltung unseres Landes hätte er sich entgegengestellt. Das höchste Gut war für ihn die Einheit der Nation. Und zu der würde Alfred Dregger alle rechtschaffenen Deutschen hinzurechnen, die bereit sind, unserem Land zu dienen, unabhängig von ihrer Herkunft.

Zurück nach Berlin: Stellen wir uns vor, nächsten Sonntag würde gewählt – welche Machtoptionen hätten Sie?

Unser Ziel sind 30 Prozent plus X. Dann werden wir eine bürgerliche Koalition führen.

Welche Parteien brächten die anderen 21 Prozent minus X?

Infrage kommen FDP, die Grünen, aber auch die SPD.

AfD und Linkspartei also nicht?

Über die AfD habe ich gerade gesprochen, eine solche Koalition schließe ich aus. Und für die Linkspartei gilt das Gleiche: Die Linke befindet sich in einer totalen Realitätsverweigerung. Sie blockiert nicht nur den Wohnungsbau und verschärft die sozialen Spannungen, sondern will alles verhindern, was die Sicherheit unseres Landes vor Terror und Kriminalität schützt. Mit ihr ist ein Weg der Vernunft undenkbar.

In Ihrer Funktion als Innenpolitiker sprechen Sie oft davon, wie es wäre, wenn Sie Innensenator wären. Heißt das umgekehrt, dass CDU-Landeschefin Monika Grütters für das Rote Rathaus kandidieren sollte?

Ja, ich würde mich freuen, wenn sie sich dazu entschließt. Neben ihr verblasst der Regierende Bürgermeister. Für die Berliner ist das aber heute kein Thema. Deshalb kümmern wir uns um die Beseitigung des rot-rot-grünen Chaos in unserer Stadt und nicht um uns selbst.

Bis wann muss sich Grütters entscheiden?

Ich würde es nicht gut finden, wenn wir erst im Wahljahr festlegen, wer Spitzenkandidat wird. Das sollten wir deutlich früher tun. Der genaue Zeitpunkt aber ist schwer zu sagen und hängt ja auch von den sonstigen Entwicklungen in der Stadt ab – auch in den anderen Parteien. Wir sollten da noch ein wenig länger flexibel bleiben.

Frau Grütters ist ja gerade sehr im Einvernehmen mit Linken-Kultursenator Lederer vorgegangen, als sie Hubertus Knabe als Chef der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen abgesetzt hat. In der CDU sind nicht alle darüber glücklich. Wie schätzen Sie das ein?

Hubertus Knabe hat sich mit der Aufarbeitung der Stasi-Verbrechen höchste Verdienste erworben. Seine Abberufung schmerzt jeden aufrechten Antikommunisten, mich auch. Auf der anderen Seite wäre es pflichtwidrig, die jüngsten Vorwürfe zu ignorieren. Deshalb ist es richtig, dass Marianne Birthler die Fortführung der Arbeit der Stasi-Gedenkstätte ermöglicht. Sollte es letztendlich zur Neubesetzung kommen, lege ich Wert darauf, dass der Kultursenator, der die SED-Nachfolgepartei vertritt, dabei keine Rolle spielt. Denn es geht um die wichtige Aufarbeitung der Stasi-Verbrechen, die seine Partei zu verantworten hat und die in seiner Partei große Ablehnung erfährt. Er besitzt daher nicht die nötige Unabhängigkeit, um frei von den Interessen seiner Partei zu agieren, er sollte sich deshalb heraushalten.

Thema Sicherheitskameras: Rot-Rot-Grün blockiert gerade eine Ausweitung der Videoaufklärung. Ist die Debatte damit beendet?

Diese rot-rot-grüne Linkskoalition ist unfähig, die Sicherheitsmaßnahmen in unserer Stadt der Bedrohungslage anzupassen. Jetzt verzögert sie mit allen Tricks das Video-Volksbegehren, damit es nicht mit der Europawahl im Mai nächsten Jahres stattfinden kann. Diese Trickserei wird aber dazu führen, dass noch mehr Menschen für das Volksbegehren eintreten werden.

Das Volksbegehren wird auch von Heinz Buschkowsky, dem früheren SPD-Bürgermeister von Neukölln, unterstützt. Haben Sie ihn schon eingeladen, bei Ihnen mitzumachen?

Ja, wir haben ihn schon öfter zu Veranstaltungen eingeladen, ich schätze ihn sehr. Und wenn es jetzt Genossen gibt, die versuchen, diesen aufrechten Mann aus der SPD zu mobben, dann ist das politischer Selbstmord der SPD. Wenn das geschieht, ist er bei der CDU willkommen. Uns wäre es eine Ehre.