Berlin. SPD-Fraktionschef Raed Saleh will steigende Mieten in den Griff kriegen und prüft, den Millieuschutz flächendeckend einzuführen.

Die SPD setzt in der rot-rot-grünen Berliner Koalition ihre Bemühungen fort, mit dem Einsatz für mehr Mieterschutz ihre schlechten Umfragewerte zu verbessern. Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Raed Saleh sprach sich jetzt dafür aus, ganz Berlin als Milieuschutzgebiet auszuweisen. Zumindest solle der Senat solche Gebiete einrichten dürfen, wenn die Bezirke nicht handelten. Saleh nannte Spandau und Steglitz-Zehlendorf, die das Instrument der „sozialen Erhaltungsgebiete“ nicht nutzen wollten.

In Milieuschutzgebieten ist es untersagt, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln, Wohnungen mit einem höheren Standard zu modernisieren oder kleinere Wohnungen zusammenzulegen. Alle Sanierungen muss das Bezirksamt genehmigen. Zudem hat die Kommune die Möglichkeit, ein Vorkaufsrecht auszuüben, wenn Wohngebäude verkauft werden. „Wir wollen das Vorkaufsrecht für ganz Berlin haben“, sagte die SPD-Expertin für Mieten und Bauen, die stellvertretende Landesvorsitzende Iris Spranger. Die Umsetzbarkeit müsse man nun rechtlich prüfen. Im Topf des Senats für die Nutzung von Vorkaufsrechten liegen laut Finanzverwaltung noch mehr als 70 Millionen Euro.

Bisher zählt die Senatsbauverwaltung in Berlin 48 Milieuschutzgebiete. In diesen Regionen leben vor allem in den Altbaukiezen rund um Alt-Mitte 763.000 Menschen in 410.000 Wohnungen. Fast jede fünfte Wohnung und jeder fünfte Bürger Berlins unterliegt also schon dem Milieuschutz. 13 solcher Gebiete hat Pankow ausgewiesen, neun Friedrichshain-Kreuzberg, je sieben Tempelhof-Schöneberg und Neukölln, fünf Mitte, drei Treptow und zwei Lichtenberg. Seit dem 1. September gelten die Regeln des Paragrafen 172 des Baugesetzbuches auch in den Charlottenburger Kiezen Mierendorff-Insel und Gierkeplatz. Ehe es dazu kommen kann, müssen detaillierte Studien belegen, dass die angestammte Bevölkerung verdrängt und das Gebiet baulich aufgewertet wird.

In den Milieuschutzgebieten haben die Bezirke seit 2015 laut Bauverwaltung 26 Häuser über das Vorkaufsrecht erworben. In 56 Fällen gelang es, unter Androhung staatlichen Eingreifens beim Verkauf an Private den Preis auf das Niveau zu drücken, den auch der Staat bezahlt hätte. Die Juristen in der Verwaltung von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) halten Milieuschutz für ganz Berlin jedoch für „fachlich nicht darstellbar“. So seien die Bedingungen in Großsiedlungen völlig anders als in Altbauquartieren.

Derweil verschärfte das Bundeskabinett am Mittwoch auf Druck der SPD die Mietpreisbremse für Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt. Wenn Vermieter künftig eine Miete verlangen, die mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt, müssen sie das gegenüber dem Mieter begründen – etwa mit einer kostspieligen, umfassenden Sanierung. In Regionen mit Wohnungsmangel sollen Vermieter zudem nur noch acht Prozent statt wie bisher elf Prozent der Modernisierungskosten auf Mieter umlegen dürfen, dazu gibt es eine Kappungsgrenze von drei Euro Mieterhöhung pro Quadratmeter. Berlins SPD fordert noch weitergehende Auflagen.

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