Bildungszentrum Chabad Lubawitsch errichtet ein Gebäude mit Kita und Schule, Kino, Jugendclub, Festsaal und Sporthalle. Es ist offen für alle

Im Jahr 2008 war es nur eine Idee, ein Traum für Rabbiner Yehuda Teichtal, der 1996 mit seiner Familie aus New York nach Berlin gezogen war. Jetzt, exakt zehn Jahre später, ist es Realität: Das jüdische Bildungszentrum Chabad Lubawitsch, dessen Vorsitzender Teichtal ist, erhält auf dem Grundstück an der Münsterschen Straße 6 in Wilmersdorf einen Neubau. Für Kinderkrippe, Kindergarten, Grundschule und Gymnasium. 500 Kinder werden in dem Gebäude leben und lernen. Neben der Bildung wird es auch kulturelle und sportliche Angebote geben. Auch für Erwachsene. Ein offenes Haus, ein Ort des Feierns, der Begegnung. Offen für alle, nicht nur für jüdische Menschen, sondern auch religionsübergreifend.

„Wer baut, zeigt Vertrauen. Wir haben Vertrauen in ein jüdisches Leben in Deutschland“, sagte Rabbiner Teichtal am Dienstag bei der Vorstellung des Projekts, für das am 10. Juni mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) der erste Spatenstich erfolgen soll.

Architekt Sergei Tchoban hat seine Planungen gespendet

Für Architekt Sergei Tchoban, der bereits das aktuell genutzte Religionszen­trum von Chabad umbaute und dabei die ehemalige Transformatorenhalle im Zentrum des Hauses in eine Synagoge verwandelte, ist es eine „besondere Ehre und Freude“ wieder mit dabei zu sein. Er spendete seine Planungsleistung. Seine Familie sei auch jüdischer Abstammung, und er glaube an die Wiederbelebung jüdischen Lebens in Deutschland und speziell in Berlin. „Der Baubeginn am 10. Juni ist ein großer Tag für uns alle“, sagte er. Solch ein Zen­trum für jüdisches Leben sei in Deutschland sehr neu. Weder Teichtal noch Tchoban kennen einen vergleichbaren jüdischen Campus mit Angeboten für Bildung, Kultur und Sport, auf dem nicht nur Kinder leben und lernen, sondern auch Erwachsene, das einen Speisesaal mit koscheren Speisen bietet und in dem gleichzeitig Feste mit bis zu 500 Personen gefeiert werden können. Und das allen Interessierten offen steht.

Yehuda Teichtal (l). und Sergei Tchoban auf dem Baugrundstück
Yehuda Teichtal (l). und Sergei Tchoban auf dem Baugrundstück © dpa/Stache | dpa/Stache

„Es können auch Menschen aus anderen Städten Deutschlands kommen, wo es keine solchen Angebote gibt. Es waren bereits Besucher aus Essen bei uns. Und wir werden auch ein Internat, nicht hier im Haus, aber mit betreutem Wohnen, anbieten“, berichtete Teichtal.

Das markante Gebäude auf dem früheren Grundstück der Rentenversicherung soll in spätestens zweieinhalb Jahren, also Ende 2020, fertig sein. 7000 Quadratmeter Nutzfläche in sieben Etagen sind geplant, ähnlich hoch wie die Wohnhäuser, die gerade auf dem Nachbargrundstück an der Brandenburgischen Straße – dort wo einst das Sportzentrum stand – gebaut werden.

Erschlossen werden soll der Campus von der Westfälischen Straße. Das Portal ist ebenso wie der ganze Bau außen in leuchtendem Blau gehalten. Es handelt sich nach Auskunft von Architekt Tchoban um glasierte Keramik, die als vorgehängte Fassade vor die tragende Betonkonstruktion kommt und zu den unterschiedlichen Tageszeiten und Lichtverhältnissen farblich changiert. „Wir experimentieren da gerade noch“, so Tchoban. Dass der Bau in Blau erstrahlen soll, habe früh festgestanden. Es sei die Farbe der Flagge Israels, die Farbe des Himmels, des Sees, des historischen Gebetsschals und auch der wichtigen jüdischen Schriften.

Zwei Drittel der Baukostensind zusammen

Zehn Jahre Vorbereitungs- und Planungszeit brauchte das Vorhaben auch, weil die Finanzierung durch öffentliche Förderung, Stiftungen und Privatspenden erfolgt. Das 3000 Quadratmeter große Grundstück wurde vor zwei Jahren für drei Millionen Euro erworben. Das Gebäude wird 18 Millionen Euro kosten, von denen zwölf Millionen Euro gedeckt sind. „Dank der Unterstützung durch die Bundesregierung, des Landes Berlin, der Stiftung Deutsche Klassenlotterie und der ,The Pears Family Charitable Foundation‘“, sagte Teichtal. Zu den deutschen Sponsoren gehörten auch die Stiftung „Lebendige Stadt“ (Alexander Otto Stiftung), die Bayer AG, Werner Gegenbauer, Bild hilft e. V. – „Ein Herz für Kinder“, Stiftung Berliner Sparkasse und zahlreiche private Spender. „Wir sind absolut optimistisch, auch die sechs Millionen Euro noch zusammenzubekommen“, so Teichtal, der auch Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ist. Um den Bau abzusichern, sei ein vorübergehendes Brückendarlehen aufgenommen worden. Das Bildungszentrum Chabad habe Kontakt mit etwa 16.000 Menschen in Berlin.

Ein offenes Haus soll der neue Campus werden, doch ohne Sicherheitsmaßnahmen wird es auch dort nicht
gehen. Teichtal träumt davon, dass sie irgendwann nicht mehr nötig sind. „Vorurteile kommen, weil es Berührungsängste gibt – die wir abbauen wollen. Die Antwort auf Dunkelheit ist Licht, die auf Intoleranz ist Toleranz“, skizzierte er das Ziel.