Berlin. Die Initiatoren des Volksbegehrens haben bereits mehr als die Hälfte der ersten 20.000 Unterschriften gesammelt.

Knapp zwei Monate nach dem Start des Volksbegehrens für mehr Videoüberwachung in Berlin vermelden die Initiatoren, dass sie mehr als die Hälfte der erforderlichen 20.000 Unterschriften gesammelt haben. Ihnen bleiben noch vier Monate, um die erste Stufe des Volksbegehrens zu erreichen. „Vergangenen Sonnabend haben allein in Neukölln 500 Menschen unterschrieben“, sagte der frühere Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) der Berliner Morgenpost. Er engagiert sich mit dem früheren Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) in dem Bündnis, das auch die Polizeigewerkschaften unterstützen.

Buschkowsky bestätigt die wachsende Zustimmung zu den Zielen des Bündnisses: „Die Leute haben es leid, zu sehen und zu hören, wie viele Straftaten jeden Tag passieren, ohne dass die Täter überführt werden.“ Die Initiatoren möchten, dass kriminalitätsbelastete Orte, aber auch Justizgebäude und große Fahrradabstellplätze dauerhaft mit Kameras überwacht werden. Die rot-rot-grüne Regierungskoalition lässt derzeit hingegen Videoüberwachung nur temporär und anlassbezogen zu, wie etwa bei Großveranstaltungen.

Überwachung ja, aber nur mit mobilen Kameras

Heilmann und Buschkowsky wollen aber, dass die Polizei mit bis zu 2500 Videokameras je nach durch die Polizei festgestellter Lage ungefähr 50 Orte mit viel Kriminalität und etwa 300 Fahrradabstellplätze durchgehend überwacht. Sie haben dazu einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Überall dort, wo sich ständig viele Menschen aufhalten und es häufig zu Straftaten kommt, sollen die Kameras nach Vorstellung des Bündnisses angebracht werden: am Alexanderplatz oder am Kottbusser Tor, auch am S-Bahnhof Neukölln und am Breitscheidplatz, aber auch am kriminalitätsbelasteten Leopoldplatz in Wedding.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) will zwar Berlins gefährlichste Orte überwachen – aber nur mit mobilen Kameras, das gilt auch in den vom Bündnis genannten Bereichen. Zwei der Videoanlagen sind laut Geisel bereits angeschafft worden – eine kleine Variante, die 60.000 Euro kostete, und eine größere für 120.000 Euro. Die Rundum-Kameras befinden sich in Anhängern und können über Tablets und Mobilfunkgeräte gesteuert werden. Statt einer flächendeckenden und dauerhaften Videoüberwachung will Geisel an den kriminalitätsbelasteten Orten auf eine Doppelstrategie aus anlassbezogener Videotechnik und mehr Polizeipräsenz setzen.

Straftaten auch feststellen, wenn die Polizei nicht da ist

Dem Bündnis reicht das nicht. „Die sogenannten Bollerwagen funktionieren nur, wenn die Polizei schon da ist. Wir wollen, dass Straftaten auch dann festgestellt werden, wenn die Polizei nicht da ist. Gerade in den letzten Tagen gab es schlagende Beweise, wie erfolgreich Videoaufklärung im öffentlichen Raum sein kann“, so Buschkowsky. Am Wochenende hatte die Polizei mit privaten Videoaufnahmen rasch herausgefunden, dass es sich bei einem Autounfall nicht um einen Anschlag gehandelt hatte.

Heilmann und auch der Sozialdemokrat Buschkowsky kritisieren die führende SPD scharf. Auf dem Landesparteitag am vergangenen Wochenende wollte die SPD einen Leitantrag zur Sozialen und Inneren Sicherheit verabschieden, mit der Forderung nach Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten, jedoch nur anlassbezogen und temporär. Nun soll darüber erst in den Kreisverbänden diskutiert werden.

CDU-Mann Heilmann sagte dazu: „Typisch SPD. Sie drückt sich erneut vor diesem Thema, statt darüber ernsthafte Gespräche mit den Linken und den Grünen zu führen.“ Der SPD-Mann Buschkowsky findet klarere Worte: „Die SPD weiß nicht, wo sie hinwill. Sie hat ganz offensichtlich die Hosen gestrichen voll vor den Grünen und den Linken.“ Nach Morgenpost-Informationen sind die Sozialdemokraten aber durchaus bereit, Forderungen der Initiative anzunehmen. Sie müssten dafür aber die Koalitionspartner gewinnen. Die SPD könnte das Volksbegehren nutzen, um Linke und Grüne von der Notwendigkeit einer Videoüberwachung zu überzeugen. Das Bündnis benötigt für den zweiten Schritt des Volksbegehrens 170.000 Unterschriften.