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Gesellschaft & Kultur > In der CDU wird der Ruf nach radikalen Reformen von ARD und ZDF lauter

In der CDU wird der Unmut über ARD und ZDF lauter

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Interne Debatten: Sollen die öffentlich-rechtlichen Sender abgeschafft werden? Oder sich künftig auf Informationssendungen, Kultur und Auslandsberichterstattung konzentrieren? Ein Privatisierungsvorschlag, der in das Wahlprogramm der Christdemokraten sollte, fand in der Partei fand keinerlei Akzeptanz – aber die Forderung nach grundsätzlichen Reformen wird dringlicher

Wie viel sollen die Haushalte für welche Programme von ARD und ZDF zahlen? Foto: Picture Alliance
Wie viel sollen die Haushalte für welche Programme von ARD und ZDF zahlen? Foto: Picture Alliance

In der CDU hat eine kritische Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk begonnen. Im Kern geht es darum, ARD und ZDF mittels umfangreicher Reformen zur Fokussierung auf eine Berichterstattung in Feldern zu veranlassen, in denen private Sender keine Angebote in ausreichender Qualität liefern. Die sei insbesondere bei Kultur, Auslandsberichterstattung und sonstige Informationen der Fall, wird argumentiert. Nach Informationen von TheEuropean werden derzeit entsprechende Papiere für den CDU-Bundesvorstand erarbeitet, in denen Ressorts wie Unterhaltung und Sport nicht mehr eigens als Auftrag der Grundversorgung definiert werden.

Keine Aussicht auf Mehrheiten bei den Christdemokraten haben allerdings Diskutanten, die eine Abschaffung der öffentlich-rechtlichen Sender oder ihre faktische Entkernung fordern. Zwar hatte der „Spiegel“ am Dienstag aus angeblichen Vorschlägen des „Bundesfachausschusses Wirtschaft, Arbeitsplätze, Steuern“ zitiert, in dem es heißt: „Langfristig sollten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten schrittweise privatisiert werden.“ Doch bei diesem zehnseitigen Papier mit „Vorschlägen zum Wahlprogramm 2021“, das auch TheEuropean vorliegt, handelt es sich lediglich um eine Zulieferung zu einer Arbeitsgruppe des genannten Bundesfachausschusses. Der zitierte Punkt war umgehend verworfen worden. Die Ersetzung von ARD und ZDF durch Privatsender will die CDU mehrheitlich eben keineswegs. „Die Ideensammlung diente als erste Arbeitsgrundlage für die Sitzung der Arbeitsgruppe am Dienstag. Darin hat die AG die Ideen diskutiert und den Vorschlag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der ursprünglichen Form einhellig verworfen“, sagte ein Sprecher der Partei auf Anfrage von TheEuropean. Das wird in den entsprechenden Gremien bestätigt.

Verzicht auf massenattraktive Programme?

Auch ein anderer Punkt dieser Ideensammlung spielt offenkundig keine Rolle mehr in der CDU-internen Debatte. Er lautete in dem besagten Papier, die Aufsichtsgremien, also in der Regel Rundfunkrat und Verwaltungsrat der einzelnen Sender, sollten „nicht mehr von Politikern und Vertretern von Lobbyverbänden, sondern von demokratisch gewählten Repräsentanten der Beitragszahler besetzt werden, ähnlich den Selbstverwaltungsorganen in der Sozialversicherung“. Bislang werden diese Gremien von Vertretern der im jeweiligen Parlament vertretenen Parteien, von Arbeitergeber- und Arbeitnehmerverbänden, staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften und ähnlichen Organisationen besetzt. Seit langem wird kritisiert, dass der Einfluss der Parteien damit größer ist als auf den ersten Blick erkennbar, weil beispielsweise Gewerkschaftsvertreter oft enge Beziehungen zur SPD oder zur Links-Partei, Arbeitgeber zur Union oder FDP und Umwelt- oder Migrantenverbände zu den Grünen haben.

Was in der vor allem von Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) und Junger Union (JU) inspirierten internen CDU-Diskussion bleibt, sind gleichwohl sehr grundsätzliche Reformvorschläge. Sie laufen auf weiterhin Gebühren-finanzierte Sender hinaus, die sich jedoch aus dem Spitzensport, dem Kampf um Filmrechte für Blockbuster und aus teuren Unterhaltungsprogrammen zurückziehen und ihre Konzentration auf Information, Auslandsberichterstattung, Kultur und flächendeckende regionale Berichterstattung richten würden. Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender argumentieren hingegen, ohne massenattraktive Programmangebote und stattdessen mit Inhalten, die sich ausschließlich an „Info-Eliten“ richten, würden ARD und ZDF gewaltig an Quote verlieren. Und dann käme rasch die Debatte nach der Gebührenlegitimation auf: Warum sollen 100 Prozent für Sender zahlen, die nur von zehn Prozent geschaut werden?

In jedem Fall wächst der Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender, glaubhafte Reformen anzustoßen oder zuzulassen. Aus den neuen Bundesländern werden ARD und ZDF kritisiert, weil der dort präsentierte Journalismus die Perspektive des Ostens zu wenig repräsentiere. Private Sender sehen in den öffentlich-rechtlichen Giganten unlautere Wettbewerber, die sich über Zwangsabgaben finanzieren, ohne auf Werbung zu verzichten, und aus dieser Position mitbieten um Bundesliga- oder Filmrechte.  Und wenn die AfD gern eine Dominanz linker Positionen in den politischen Magazinen, Talkrunden und Nachrichtensendungen beklagt, wird dieser Vorwurf gleichsam bekräftigt durch Umfragen unter den Volontären von ARD und ZDF. In diesem Kreis künftiger Meinungsbildner kämen die Grünen auf 57,1 Prozent und die Linke auf 23,4 Prozent, während Union (3 Prozent) und FDP (1,3 Prozent) nicht einmal die Parlamentshürde überwinden würden. Und so war der Streit im Landtag von Sachsen-Anhalt um eine eher bescheidene Gebührenerhöhung möglicherweise ein Vorbote auf Zeiten, in denen der bisherige breite politische Konsens über die Unverzichtbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner bisherigen Form zu bröckeln beginnt.

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