Corona-Hilfen: Versprochen und Gebrochen

Olaf Scholz (62, SPD, l.) und Peter Altmaier (62, CDU) im Gespräch

Olaf Scholz (62, SPD, l.) und Peter Altmaier (62, CDU) im Gespräch

Foto: dpa
Von: Florian Kain, Filipp Piatov und Ralf Schuler

DIESE vollmundige Ankündigung der „Novemberhilfen“ für die vom Lockdown getroffenen Betriebe klang zu schön, um wahr zu sein.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versprach am 12. November allen von Corona in ihrer Existenz bedrohten Firmen, dass sie „schnell an das Geld rankommen, das sie für den November benötigen“. Es könne „jetzt alles funktionieren“ – an der für den Antrag notwendigen Software werde „intensiv programmiert“.

Stattdessen wird fast einen Monat später immer noch an der Technik gefummelt – angeblich „mit Hochdruck“, wie die Bundesregierung auf FDP-Anfrage mitteilte.

Auszahlungen „im Januar“?

Die Bundesländer müssen aber die Technik einsetzen, um das Geld (im Grundsatz bis zu 75 % des im Vorjahresmonat erzielten Umsatzes) an die Betriebe auszuschütten.

Folge des IT-Debakels: Die Antragsbearbeitung für die Novemberhilfen soll nun „möglichst im Dezember“ beginnen, heißt es, die Auszahlungen dann „im Januar erfolgen“.

Beunruhigend: Ein konkreter Termin wird NICHT genannt.

Für die von der Schließ-Pflicht betroffenen Firmen (allein 71 308 Restaurants, 11 666 Cafés und 29 515 zugesperrte Kneipen) ist das eine Hiobsbotschaft! Denn die Kosten (u. a. für Personal, Miete) laufen ja trotz Lockdown weiter.

Immerhin: Um die schlimmsten Nöte abzumildern, können die Firmen seit 25. November im Internet Abschlagszahlungen des Bundes beantragen, die über die Bundeskasse ausgezahlt werden. Höhe: 5000 Euro (für Soloselbständige) oder 10 000 Euro.

PROBLEM: Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bis zum Stichtag 3. Dezember (abends) wurden laut Wirtschaftsministerium nur rund 318 Mio. Euro Hilfen ausgezahlt – gerade mal 2,1 % aus dem 15 Mrd. Euro schweren Topf.

Lindner (FDP) befürchtet „Pleitewelle“

In einer Krisen-Schalte des Kanzleramts mit den Ländern baten die Staatskanzleichefs den Bund, die Abschlagszahlungen als Nothilfe auf bis zu 500 000 Euro zu erhöhen. Abgelehnt! Die Regierung fürchtet Betrüger.

Regierungs-Kritik gibt‘s aus den eigenen Reihen: Unions-Chefmittelständler Christian von Stetten (50, CDU) beklagt ein „Armutszeugnis für die Verantwortlichen in der Regierung“, die die Sommermonate „offensichtlich nicht genutzt“ hätten.

Auch der Chef der Mittelstandsvereinigung (MIT), Carsten Linnemann (43, CDU), fordert rasche Nachbesserung: „Die Auszahlung der Abschlagszahlungen muss Chefsache von Bundesfinanzminister und Wirtschaftsminister werden und in den nächsten Tagen funktionieren, sonst bekommen gerade kleinere Mittelständler Probleme“, sagte Linnemann.

FDP-Chef Christian Lindner (41) befürchtet eine „Pleitewelle“: „Herr Altmaier wurde davor schon vor Wochen von seinen Länderkollegen gewarnt.“ Insgesamt sollten zukünftig die Finanzämter eine schnelle Hilfe „über das Steuerrecht organisieren“. Doch auch gegen diese Idee soll es in der Bundesregierung massive Bedenken geben.

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